Kreise schließen sich

Das allerletzte Mal Vokabeln schreiben in der Unibibliothek :,(

Ein Jahr Freiwilligendienst in China war mir nicht genug. Nach kurzem Heimaturlaub habe ich schon Anfang letzten Oktober wieder chinesischen Boden betreten. Diesmal nicht als Freiwilliger, sondern offiziell als Tourist. Vom Flughafen bin ich mit all meinem Gepäck (hauptsächlich Weihnachtssüßigkeiten, den Rest hatte ich ja vorher schon in China gelassen) direkt zur Universität gefahren, habe mich für den Sprachkurs auf mittlerem Level angemeldet und am Tag darauf angefangen.

Wie der aufmerksame Besucher meines Blogs vielleicht festgestellt hat gab es seitdem keine Blogeinträge mehr. Es gab einfach nicht viel zu berichten. Eigentlich lässt sich das Semester hier ganz gut mit diesem einen Bild zusammenfassen 个.

 

Anfang Januar war der Sprachkurs vorbei, was mir die Möglichkeit gab noch einmal auf Reisen zu gehen bevor ich China in einigen Tagen sicher für mehrere Jahre verlassen werde. (ein paar Fotos in der Galerie)

 

Kommen wir zu den titelgebenden Kreisen.

 

1. back to the roots -> LiuKu

Das NuJiang Tal bei LuoBenZhuo


Als allererstes sind Sebi und ich selbstverständlich ins NuJiang Tal nach LiuKu gefahren, um die (dort inzwischen auch schon nicht mehr ganz) neuen Freiwilligen kennenzulernen.

Es hat sich angefühlt, als würde ich nach einem langen Urlaub zurück nach Hause kommen als ich dort aus dem Bus ausstieg. Zwar hat sich baulich einiges verändert, aber das LiuKu-Gefühl war immer noch exakt dasselbe. Man kennt sich in der Umgebung aus, hat Erinnerungen zu vielen Plätzen und merkt auch sofort wenn eine Tuktukfahrerin ihr Glück versucht und spezielle Ausländerpreise verlangt. Anders als noch vor einem halben Jahr, konnten wir jetzt allerdings problemlos ausdiskutieren warum 20Yuan doch ein wenig zuviel für die kurze Strecke waren.

Die Tage in LiuKu sind wie im Flug vergangen. Jeden Morgen bin ich eine andere meiner Lieblignsjoggingrouten an den Berghängen gelaufen und danach mit Sebastian durch die Stadt gewandert. Die verändert sich wirklich wahnsinnig schnell. Überall werden neue Hochhäuser gebaut. Wahrscheinlich werde ich die Stadt bei meiner nächsten Rückkehr in ein paar Jahren kaum mehr wiedererkennen. Die größte Veränderung waren aber nicht unten am Fluss, sondern oben in LaiMao an unserer alten Schule. Die ist seit einigen Wochen nach unserer Abreise eine einzige riesige Baustelle. Das hat auch für Aliena und Leonie, die neuen Freiwilligen dort, vieles verändert. Immerhin wohnen sie noch in unseren alten Zimmern auf denen auch noch unsere chinesischen Namen stehen.

An einem Abend war Leonie zu krank, um ihre Klasse selber zu unterrichten und hat uns als Vertretungslehrer angeheuert. So konnten Sebi und ich noch eine allerletzte Stunde an der LaiMao unterrichten, ein fantastisches Gefühl wieder vor einer Klasse begeisterter Schüler zu stehen.


Auch an anderer Stelle haben wir der neuen Generation ausgeholfen. So waren wir bei einem Abendessen mit dem Schulleiter von der XiaoShaBa Grundschule (dort sind unsere Slumkids eingeschult, siehe auch Summerschool) dabei und haben uns angeregt mit ihm und zwei weiteren Lehrern unterhalten. Die waren begeistert davon, dass sie sich endlich mit den Westlern unterhalten konnten und haben sich mit uns über die verschiedensten Themen unterhalten, von den tollen deutschen Autos bis hin zu den unterschiedlichen Bildungssystemen in Deutschland und China.

Nach dem Abendessen hat das Trio uns dann sogar noch überschwänglich zu einem der Lehrer nach Hause eingeladen und speziell für uns XiaLa gemacht. Das ist die Speise dort rechts in der Schüssel.

Als wir auf der Couch im Wohnzimmer platzgenommen hatten verschwand der Hausherr und hatte ehe wir Einspruch erheben konnten schon ein Hühnchen für uns geschlachtet.

Das hat mich doch sehr an den Bauern erinnert bei dem Sebastian und ich vor etwas mehr als einem Jahr im Bergdorf übernachtet haben (zum Thema Kreise;). Der hatte zum Frühstück einem Hühnchen schneller den Hals umgedreht als wir "Vegetarier" sagen konnten.

Die Lehrer haben es aber nicht bei einfachem gebratenen Hühnchen belassen, sondern extra für uns XiaLa gemacht, eine Spezialität des NuJiang Tals. Dafür wird das Hühnchen zerhackt und gebraten. Schließlich wird das Öl aus der Pfanne abgegossen und diese bis zum Rand mit BaiJiu gefüllt. Das ist (in diesem Fall selbstgebrannter) Schnaps, der etwa zwischen 45-55 Volumenprozent angesiedelt ist (kleines Glas auf dem Foto). Diese Mischung bekommt man in einer kleinen Schüssel serviert aus der man abwechselnd einige Schlucke nimmt und dann mit den Stäbchen die Hühnerstückchen herausfischt.

Ich glaube, ich brauche nicht ausführlich zu erklären, warum mir diese Delikatesse nicht sonderlich gut geschmeckt hat: Selbstgebrannter Nagellackentferner plus Bratenfett und "Coq au dissolvant"; mhmmmm.

Sebi und ich haben also die absolut kleinste Menge getrunken, die höflich war und uns danach beim munteren Prosten lieber an das schwache chinesische Bier gehalten (anderes Glas).

 

Gerade habe ich schon Ahua erwähnt; den Bauern der uns bei einer Wanderung letzten Herbst nicht nur anbot in seiner Hütte, sondern gleich in seinem Bett zu schlafen und für seine Frau und sich selbst nur ein Stückchen Boden mit Stroh polstern wollte. Am Ende haben wir ihn zum Glück doch überzeugen können, dass das Stückchen Bretterdielen für uns absolut ausreicht. Als wir am nächsten Morgen aufbrachen hatten wir leider nichts bei uns, um uns für die Gastfreundschaft zu bedanken. Aus diesem Grund sind Sebi und ich jetzt  noch einmal von LuoBenZhuo aus (etwas über LiuKu im NuJiang Tal, Panorama oben) in sein Dorf gewandert und haben ihm und seiner Frau ein Geschenk mitgebracht: ein gutes Messer von Zwilling.

Oben bei seiner Hütte haben wir zunächst nur seine Frau getroffen, beim Abstieg sind wir ihm dann aber auf dem Weg wieder ins Tal über den Pfad gelaufen als er mit beladenen Eseln auf dem Heimweg war. Beide haben sich richtig gefreut uns wiederzusehen!

Auf der Höhe von Ahuas Dorf

Das ist zwar keiner der Kreise, aber ich erwähne es trotzdem: vielleicht hat man auf dem Bild oben schon gesehen, dass ich eine neue Kurzhaarfrisur habe. Die kommt auch aus LiuKu.

Nachdem wir an Sebis 21. Geburtstag traditionsgemäß über die Fußgängerbrücke gelaufen sind auf der er letztes Jahr schon 20 wurde haben wir uns zur Feier des Tages von Janno (dem neuen Freiwilligen an der ShiYanXiaoXue), seines Names stolzer Besitzer eines Rasierers, die Haare schneiden lassen.


Vorher - nachher:

Ich hatte vorher während des Jahres schon einmal mit dem Gedanken gespielt mir eine Glatze rasieren zu lassen, einfach zum Ausprobieren, es dann aber doch nicht gemacht, vor allem, weil ich als Lehrer um meine Seriösität und Autoriät besorgt war. Jetzt war der Ideale Zeitpunkt. Ganz kahl war mir aber doch zu krass, daher also einen Zentimeter.


2. Ein seeehr großer Kreis: der ErHai bei DaLi

Den ErHai (Ohren-See wegen seiner Form) habe ich vorher schon zweimal umrundet. Das erste Mal haben Sebastian und ich die knapp 120 Kilometer an einem Tag auf gemieteten Fahrrädern zurückgelegt. Das wurde aufgrund der kleinen Fahrräder (Knie praktisch unterm Kinn) gegen Ende sehr anstrengend. Die schöne Aussicht konnten wir in strahlendem Sonnenschein trotzdem genießen.

Mit meinen Eltern war ich auch für einige Tage in DaLi, als sie mich im Sommer kurz vor Ende des Jahres besuchen kamen. Ursprünglich war eine Umrundung des Sees nicht vorgesehen, aber nachdem wir morgens einen Crashkurs im batiken gemacht hatten und sonst nichts weiter vorgesehen war, konnten wir den Reiseführer überreden den ganzen Nachmittag mit uns im Minibus um den See zu fahren. Das war deutlich bequemer als die erste Umrundung auf dem Rad.


Dieses Mal haben wir wieder ein anderes Verkehrsmittel gewählt und sind Roller gefahren. Das hatte unsere WG schon länger vor und ist jetzt endlich, als letzte gemeinsame Abschlussaktion dazu gekommen. Es hat einen wahnsinnigen Spaß gemacht auf diesen kleinen Rollern um den See zu flitzen; mit Abstand die spaßigste Umrundung!




Nachdem es schon seit Tagen einzelne Explosionen in der Umbegung gibt, die die Fensterscheiben erzittern lassen, wurden es kontinuierlich immer mehr seit ich mir vor ein paar Stunden die gelungene Überschrift für diesen Blogeintrag ausgedacht habe. Jetzt knallt und blitzt es unaufhörlich draußen. Es sind zwar noch drei Stunden bis Mitternacht und somit dem Beginn des neuen Jahres nach traditioneller chinesischer Zeitrechnung, aber manch ungeduldiger Pyromane kann sich bei dem Überangebot an Feuerwerk an jeder Straßenecke wohl nicht mehr zurückhalten =)


新年快乐!

Ich wünsche euch allen ein frohes neues Jahr nach beiden Zeitrechnungen!


Tobias

Für die Fu-finder ein Kinderspiel, oder? ;)

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Kommentare: 1
  • #1

    Thomas (Freitag, 20 Februar 2015 07:51)

    Hallo Tobias
    spannende Einträge. Musste nach langer Zeit mal wieder deine und samiras erlebnisse lesen. Da ich selbst gerade in der ukraine auf einem Lehrer Austausch bin erlebe ich auch viele spannende Dinge und kann dabei noch besser die Sehnsucht nach immer neuen Erlebnissen nachvollziehen. Viel Erfolg weiterhin und bis bald
    Thomas.

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Kommentare zum Blog

...sind ausdrücklich erwünscht! Man könnte ja fast meinen niemand liest meine Blogeinträge :P

Nach 7 Monaten zeigt meine Armanduhr endlich die chinesische Zeit an. Ich bin irgendwie nie dazu gekommen sie umzustellen. Als sie jetzt leer war, hat der Uhrmacher mir beim Wechseln der Batterien die richtige Zeit eingestellt ;)

 

Uuuund, sie ist hin. Das Armband ist ausgerissen und so kann ich sie leider nicht mehr tragen. Schade, es hängen schöne Erinnerungen aus Kanada an ihr.

es schaut ja doch ab und zu jemand vorbei; wenn auch keiner Kommentare schreibt ;)